Rolle des Verfassungsschutzes
Als geheime Nachrichtendienste sind die Verfassungsschutzbehörden in den Augen vieler Menschen nach wie vor in hohem Maße undurchschaubare, ja geheimnisumwitterte Institutionen. Über ihre Arbeit besteht eine Vielzahl von Vorurteilen und Fehlvorstellungen. Nicht selten werden die rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten nachrichtendienstlicher Aktivitäten verkannt und demzufolge auch die Meinung vertreten, den Verfassungsschutzbehörden stünden nahezu unbegrenzte Kompetenzen und Befugnisse zu. Sie würden alles sehen, alles hören und alles wissen.
Dieses Klischee, das der Wirklichkeit der Geheimdienste totalitärer Staaten entsprechen mag, ruft bei vielen Bürgern Ängste und Befürchtungen hervor. Die entstehenden Vorbehalte gegen die Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörden münden oftmals in der Forderung, der Verfassungsschutz müsse gänzlich abgeschafft werden. In einer freiheitlichen Demokratie dürfe es eine solche Institution nicht geben.
Verfehlt wäre es, die Ursache für die noch weit verbreiteten Fehlvorstellungen über den Verfassungsschutz allein einer zum Teil kritischen Medienberichterstattung zuzuschreiben. In den Zeiten des "Kalten Krieges" waren die Behörden sehr um Abschottung bemüht, um Ausforschungsbemühungen durch gegnerische Nachrichtendienste soweit wie nur irgend möglich zu verhindern. Daher wurde auch der Kontakt mit der Öffentlichkeit weitgehend vermieden und stets auf größtmögliche Geheimhaltung geachtet. Vor allem dieses - zum Teil sicher notwendige - Verhalten, hat der Legendenbildung in nicht unerheblichem Maße Vorschub geleistet.
Bei der Beurteilung des Verfassungsschutzes wird häufig übersehen, dass die Nachrichtendienste in der Bundesrepublik Deutschland nicht in einer rechtlichen Grauzone agieren, sondern ohne jede Ausnahme rechtsstaatlichen Grundsätzen unterworfen sind. Die Befürchtung, der Verfassungsschutz spioniere im großen Ausmaß harmlose Bürger aus, ist daher absolut unbegründet. Genauso wenig kann man ihn jedoch als Allzweckwaffe gegen alle erdenklichen Probleme einsetzen.
Seit dem Fall der Mauer und der folgenden Veränderung der weltpolitischen Situation ist es den Verfassungsschutzbehörden möglich geworden, sich stärker nach außen zu öffnen. Der Öffentlichkeitsarbeit wird ein immer größerer Stellenwert eingeräumt. Gleichwohl können die Verfassungsschutzbehörden als Nachrichtendienste, weder Interna ihrer Arbeitsmethoden noch alle gewonnenen Erkenntnisse offen legen.
Dies würde nämlich den beobachteten Objekten und Personen die Möglichkeit geben, sich durch entsprechende Verhaltensweisen der nachrichtendienstlichen Beobachtung zu entziehen. Eine völlige Transparenz des Verfassungsschutzes wird somit auch in Zukunft nicht möglich sein. Es wird weiterhin gelegentlich unvermeidbar sein, für die Öffentlichkeit eigentlich interessante Informationen geheim zu halten, um die Effektivität der eigenen Arbeit nicht zu gefährden.