Reichsbürger

Aktuelles

Neuer Informationserlass für kommunale Behörden

Am 1. Februar 2019 tritt die Neufassung des Erlasses des Ministeriums für Inneres und Europa zum Umgang mit Personen aus dem Spektrum der „Reichsbürger und Selbstverwalter“ in Kraft. Mit dem neuen Erlasse erfolgt eine Entfristung der Informationspflicht, da auch in der Zukunft mit dem Auftreten von sog. Reichsbürgern und Selbstverwaltern in staatlichen Einrichtungen zu rechnen ist. Darüber hinaus wurde der Berichtsbogen im Sinne einer schnelleren Bearbeitung weiter entwickelt. Die Eingabefelder und Auswahlmöglichkeiten zur Erfassung von Vorkommnissen mit Reichsbürgern wurden angepasst und mit Auswahlfeldern versehen. Der neue Berichtsbogen kann hier und der neue Behördenerlass hier heruntergeladen werden.

Handlungsweisen

In Deutschland treten seit einigen Jahren verschiedene Personen und Gruppierungen in Erscheinung, die sich – mit zum Teil unterschiedlichen Begründungen – auf ein Deutsches Reich berufen und die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnen. Somit seien auch das Grundgesetz, bundesdeutsche Gesetze, Bescheide und Gerichtsurteile nichtig.

Eine einheitliche, geschlossene „Reichsbürger-Bewegung“ existiert jedoch nicht. Vielmehr sind es teilweise sogar miteinander konkurrierende Gruppen, die in einigen Fällen auch rechtsextremistische Ideologien vertreten.

Die Anfänge ihrer „Reichsideologie“ reichen zurück bis in die Gründerzeit der Bundesrepublik Deutschland. So behaupten die Akteure, die Bundesrepublik sei grundsätzlich illegal entstanden oder im Rahmen der Wiedervereinigung 1990 untergegangen und existiere somit als Staat nicht. Stattdessen bezeichnen sie die Bundesrepublik als „GmbH“, deren „Personal“ ihr freiwillig angehöre. Auf staatlicher Ebene gehen sie von der Fortexistenz des „Deutschen Reiches“ – beispielsweise in den Grenzen von 1937 – aus. Solche Ansichten sind dem „Revisionismus“ zuzuordnen. Dieser „Revisionismus“ bildet eine ideologische Klammer, die diverse rechtsextremistische Strömungen verbindet. Im Falle der „Reichsbürger“ nutzen die Akteure diese Klammer, um Verwirrung zu stiften und Unsicherheiten zu erzeugen. Sie kann darüber hinaus einen gesellschaftlichen Resonanzboden für rechtsextremistisches Gedankengut schaffen. Teile der „Reichsbürger“ sind in der rechtsextremistischen Szene verankert, was volksverhetzende Äußerungen, Holocaust-Leugnung oder Werbung für rechtsextremistische Parteien verdeutlichen.

Einige Akteure erklären sich mit pseudojuristischen Argumenten selbst zu Vertretern des Deutschen Reiches und weisen sich durch Fantasiedokumente wie „Reichsausweise“ und „Reichsführerscheine“ aus oder besetzen Ämter wie „Reichskanzler“ oder „Reichsminister“. In Form verschiedener „Selbstverwaltungen“, „Exilregierungen“, „kommissarischen Reichsregierungen“, selbsternannter „Polizei-Hilfswerke“ oder „Parteien“ treten sie in die Öffentlichkeit. Der Begriff „Reichsbürger“ dient dabei als Sammelbegriff für jenes heterogene Phänomen aus Zusammenschlüssen und Gruppierungen, die sich auf die Existenz eines Deutschen Reiches berufen.

Situation in Mecklenburg-Vorpommern

Auch in Mecklenburg-Vorpommern treten seit Jahren „Reichsbürger“ in Erscheinung. Die „Reichsbürger“-Szene in Mecklenburg-Vorpommern stellt jedoch keine homogene oder gar straff organisierte Bewegung mit einheitlichen ideologischen Grundlagen dar. Sie kann auch nicht pauschal der rechtsextremistischen Szene zugerechnet werden, da es ihr vielfach an einer ernstzunehmenden politischen Zielsetzung fehlt.

Bereits im Jahr 2008 wurde im Verfassungsschutzbericht des Landes auf das Phänomen der „Reichsbürger“ hingewiesen. Das Ministerium für Inneres und Sport Mecklenburg-Vorpommern hat im Jahr 2012 mit einem Rundschreiben an die Landkreise reagiert, in dem die Argumentationsstrategien der „Reichsbürger“ dargelegt und entsprechende Handlungsempfehlungen ausgesprochen werden.

Handlungsempfehlungen zum Umgang mit „Reichsbürgern“

  • Diskussionen mit „Reichsbürgern“ sind in der Regel nicht zielführend.
  • Sofern durch „Reichsbürger“ konkrete Anträge gestellt werden, sollte darauf eine kurze schriftliche Reaktion erfolgen. Die Praxis hat gezeigt, dass Erläuterungen der Rechtsfragen die Antragsteller in der Regel nicht überzeugen und nur zu weiteren Schreiben führen.
  • Dienstlicher Schriftwechsel mit „Reichsbürgern“ sollte auf das absolut notwendige Mindestmaß beschränkt bleiben.
  • Soweit den Behörden lediglich Erklärungen oder Proklamationen zugeleitet werden, wird empfohlen, auf diese nicht zu reagieren.
  • Soweit das Verhalten der Betroffenen eine Ordnungswidrigkeit darstellt (z.B. Weigerung der Entrichtung von Gebühren und Steuern, Verletzung der Ausweispflicht), sollten die Möglichkeiten der Ahndung durch Verhängung eines Bußgeldes ausgeschöpft werden.
  • Strafrechtlich relevantes Verhalten sollte unverzüglich den Strafverfolgungsbehörden angezeigt, Schreiben mit rechtsextremistischen Inhalten der Verfassungsschutzabteilung des Ministeriums für Inneres und Europa übermittelt werden.
  • Bei Nichteinhaltung der Schulpflicht durch Kinder von „Reichsbürgern“ sollte rechtzeitig das zuständige Jugendamt informiert werden.

Vorschaubild Video

Video des Verfassungsschutzes Berlin "Reichsbürger und Selbstverwalter: Verfassungsfeinde im Kampf mit der Demokratie